Der Bundesgerichtshof musste sich in 2018 mit einem Todesfall aus dem Jahr 2012 auseinandersetzen.
Eine 14jährige hatte bei einem sozialen Netzwerk ein Benutzerkonto eingerichtet. Das Mädchen verunglückte ein Jahr später unter ungeklärten Umständen, als es von einem fahrenden Zug erfasst wurde.
Die Eltern wurden in der Folge auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Für sie ungeklärt blieb die Frage, ob es sich um einen tragischen Unglücksfall oder um einen Suizid handelte.
Sie erhofften sich Klarheit aus dem Benutzerprofil der verstorbenen Tochter bei dem sozialen Netzwerk. Allerdings mussten sie feststellen, dass ein Dritter die Seite nach dem Tod der Tochter in eine Gedenkseite umgewandelt hatte, so dass sie mit den vorhandenen Zugangsdaten zum Benutzerkonto keinen Zugriff mehr hatten.
Das soziale Netzwerk verweigerte den Eltern den Zugang zum Benutzerkonto. Hiergegen klagten die Eltern. Sie erhielten in I. Instanz recht, in II. Instanz wurde ihre Klage abgewiesen, so dass der BGH im Juli 2018 eine Entscheidung fand.
Das soziale Netzwerk wurde verurteilt, den Eltern umfassenden Zugang zum Benutzerkonto zu gewähren.
Der BGH begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass
- die Eltern als Erben anspruchsberechtigt seien,
- das Benutzerkonto bzw. der Zugang hierzu vererbbar sei,
- auf das Vertragsverhältnis zwischen der Verstorbenen und dem Sozialen Netzwerk deutsches Recht anzuwenden ist,
- der Anspruch auf Zugang sich aus dem auf die Erben übergegangenen schuldrechtlichen Vertrag zwischen der verstorbenen Tochter und dem Sozialen Netzwerk ergebe,
- die Nutzungsbedingungen des Sozialen Netzwerks (2011) keine Regelungen zur Vererbbarkeit des Benutzungsvertrages enthielten,
- die Schutzvorschriften des TKG (Telekommunikationsgesetz) nicht greifen, da es sich bei den Erben nicht um „Dritte“, also Fremde handele, sondern um die rechtmäßigen Erben,
- auch die Bestimmungen des BDSG und der DS-GVO auf die Erben nicht anwendbar seien, da sie an die Stelle der Erblasserin getreten sind;
- die Eltern und Erben sich auf ihr durch Artikel 14 1 GG geschütztes Erbrecht berufen können.
Die Nutzungsbedingungen sozialer Netzwerke werden erfahrungsgemäß regelmäßig angepasst und verändert.
Mit ziemlicher Sicherheit enthalten diese Nutzungsbedingungen heute andere Regelungen als in 2011.
Was kann ich tun?
Sie sollten sicherstellen, dass für den Fall des Falles Ihnen nicht ähnliches widerfährt und Ihre Erben – wie im vorliegenden Fall – 6 Jahre vor Gericht streiten müssen, um Zugang zu Ihrem Benutzerkonto zu erhalten. Der Umgang mit dieser Thematik bei den sozialen Netzwerken ist sicherlich höchst unterschiedlich.
Auf der Plattform „facebook“ zum Beispiel besteht die Möglichkeit, für eine Nachlassverwaltung Personen zu bestimmen, die Zugang zum Benutzerkonto erlangen sollen. Dies zu nutzen können wir nur empfehlen!