Schallschutz in Doppelhäusern – Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.06.2007, Az: VII ZR 45/06

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung zur Frage des „Schallschutzes“ weitreichende Grundsätze formuliert, die für alle, die an der Errichtung von Wohngebäuden, insbesondere Reihen- und Doppelhäusern beteiligt sind, oder die sich für den Erwerb eines solchen Objektes interessieren, von großer Bedeutung sind.

Der Leitsatz:

„Welcher Schallschutz für die Errichtung von Doppelhäusern geschuldet ist, ist durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Wird ein üblicher Qualitäts- und Komfortstandard geschuldet, muss sich das einzuhaltende Schalldämm-Maß an dieser Vereinbarung orientieren. Die Schalldämm-Maße der DIN 4109 können schon deshalb nicht herangezogen werden, weil sie lediglich Mindestanforderungen zur Vermeidung unzumutbarer Belästigungen regeln. Anhaltspunkte können aus den Regelwerken Schallschutzstufen II und III der VDI-Richtlinien 4100 aus dem Jahr 1994 oder dem Beiblatt Nr. 2 zu DIN 4109 liefern.

Können durch die vereinbarte Bauweise bei einer einwandfreien, den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Bauausführung höhere Schallschutzwerte erreicht werden, als sie sich aus den Anforderungen der DIN 4109 ergeben, sind diese Werte unabhängig davon geschuldet, welche Bedeutung den Schalldämm-Maßen der DIN 4109 sonst zukommt.

Bei gleichwertigen, nach den anerkannten Regeln der Technik möglichen Bauweisen darf der Besteller angesichts der hohen Bedeutung des Schallschutzes im modernen Haus- und Wohnungsbau erwarten, dass der Unternehmer die Bauweise wählt, die den besseren Schallschutz erbringt, wenn sie ohne nennenswerten Mehraufwand möglich ist.“

Zur Begründung dieser Entscheidung:

Der Schallschutz hat, ebenso wie die energiesparende Bauweise, für den Erwerber von Wohnungseigentumseinheiten, Doppel- oder Reihenhäusern überragende Bedeutung.

Der Unternehmer, der derartige Objekte auf dem Markt anbietet, wird sich auf dem Markt profilieren, allerdings in der Regel werbetechnisch so, dass er „nicht beim Wort genommen werden kann.“ Juristisch geht es also um die Frage, ob nur eine unverbindliche Anpreisung vorliegt oder eine vertragliche Zusage im Sinne einer Vereinbarung.

Der BGH hat nun in dieser zitierten Entscheidung klargestellt, dass eine Erklärung wie: „die Mindestanforderungen an den Schallschutz werden überschritten“ oder es werde ein „optimaler Schallschutz erreicht“ nicht deshalb ohne Bedeutung sind, da man keine konkreten Angaben aus dieser Aussage entnehmen könne, in welchem Umfang oder in welcher Art eine Verbesserung der Schallschutzsituation eintreten werde. Es sei eine allgemein verbindliche Erklärung, dass „mehr als das Minimum“ geschuldet werde. An einer derartigen Erklärung muss sich ein Bauträger festhalten lassen. „Der Erwerber hat in aller Regel keine Vorstellungen, die sich in Schalldämm-Maßen nach der DIN 4109 ausdrücken, sondern darüber, in welchem Maß er Geräuschbelästigungen ausgesetzt ist, inwieweit er also Gespräche, Musik oder sonstige Geräusche aus anderen Wohnungen oder Doppelhaushälften hören oder verstehen kann.“ Entsprechende Qualitätsanforderungen können sich nicht nur aus dem Vertragstext, sondern auch aus erläuternden oder präzisierenden Erklärungen der Vertragsparteien, sonstigen vertragsbegleitenden Umständen, den konkreten Verhältnissen des Bauwerkes und seines Umfeldes, dem qualitativen Zuschnitt, dem architektonischen Anspruch und der Zweckbestimmung des Gebäudes ergeben. Bereits aus diesen Umständen werden sich häufig Anforderungen an den Schallschutz ergeben, die deutlich über die Mindestanforderung hinausgehen und es deshalb rechtfertigen, die Vereinbarung eines gegenüber den Schallschutzanforderungen der DIN 4109 erhöhten Schallschutzes anzunehmen“.

Weiter geht der BHG davon aus, dass „der Schallschutz beim Erwerb einer Doppelhaushälfte eine große Rolle spielt. Der Besteller einer Haushälfte lege erkennbar Wert auf Ruhe und eine angemessene Abschirmung gegenüber Geräuschen aus dem Umfeld.“

Für den Planer und Bauträger ist weiter von besonderer Beachtung:

„Darüber hinaus verkennt das Berufungsgericht die Bedeutung der vertraglich vereinbarten Bauweise für den vereinbarten Schallschutz. Können durch die vereinbarte Bauweise bei einwandfreier, den anerkannten Regeln der Technik hinsichtlich der Bauausführung entsprechender Ausführung höhere Schallschutzwerte erreicht werden, als sie sich aus den Anforderungen der DIN 4109 ergeben, sind diese Werte unabhängig davon geschuldet, welche Bedeutung den Schalldämm-Maßen der DIN 4109 sonst zukommt.“

Dies könnte bedeuten, dass unter Berücksichtigung des Komfortstandards, der regelmäßig der Baubeschreibung zu entnehmen ist, auch dann (allerdings nicht näher definierte) Schallschutzwerte geschuldet sind, die zwischen den Parteien nicht explizit festgelegt worden sind. Hier ist durchaus eine gewisse Bandbreite eines erkennenden Gerichtes zu erwarten. Diese könnte sich, wie häufig zu beobachten, durchaus an dem grundsätzlich höher stehenden Wohl des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer orientieren. Es ist also davor zu warnen, nur Mindestanforderungen, z. B. DIN 4109, als ausreichend zu erachten.

So wird in dieser Entscheidung sehr häufig das Beiblatt Nr. 2 zur DIN 4109 als Grundlage erhöhten Schallschutzes herangezogen.

Der BGH hat sich auch zur Frage geäußert, ob und gegebenenfalls wann ein Unternehmer die Mangelbeseitigung wegen unverhältnismäßig hoher Kosten ablehnen kann, wenn ein festgestellter Schalldämm-Mangel vorliegt, der nur mit hohen Kosten beseitigt werden kann.

Auch hier hat der BGH grundsätzlich einen „Riegel“ vorgeschoben:

„Der Besteller hat Anspruch auf eine Mängelbeseitigung, die den vertraglich vereinbarten Erfolg herbeiführt. Etwa anderes gilt, wenn der Unternehmer die Beseitigung des Mangels verweigern darf, weil sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert (§ 633 Abs. 2 BGB a.F. bzw. § 635 Abs.3 n.F.) oder der Besteller nach Treu und Glauben verpflichtet wäre, die nicht vollständig vertragsgerechte Mängelbeseitigung unter Abgeltung eines Minderwertes hinzunehmen. Die Unangemessenheit ermittelt sich nicht aus einem Vergleich zwischen den Kosten möglicher Mängelbeseitigungsmaßnahen, sondern nach allgemeinen Grundsätzen danach, ob die Kosten der Maßnahme auch im Verhältnis zu dem erzielten Erfolg stehen. Unverhältnismäßigkeit ist danach in aller Regel nur anzunehmen, wenn einem objektiven geringen Interesse des Bestellers an einer völlig ordnungsgemäßen Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb unangemessener Aufwand gegenübersteht. Hat der Besteller hingegen objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung, kann ihm die Nachbesserung nicht wegen hoher Kosten verweigert werden.“

Fazit dieser Entscheidung:

Der BGH hat dem Schallschutz die ihm zukommende, überragende Bedeutung bestätigt und grundsätzlich auch „vage oder nur allgemein anpreisende Formulierungen“ als vertragsbedeutsam qualifiziert.

Wird also mit besonderen Schallschutzmaßnahmen geworben oder mit Aussagen, die dem Erwerber suggerieren, dass er hier „mehr als normal“ bekommt, so muss sich der Hersteller eines derartigen Werkes an diesen Aussagen festhalten lassen. Zwar hat der BGH in dieser Entscheidung die Preisgestaltung des Objektes und die ansonsten übliche Komfortbeschreibung nicht behandelt, es darf jedoch erwartet werden, dass Immobilien, die mit einem hohen Qualitäts- und Ausstattungsstandard einerseits, einer ruhigen Lage andererseits und einem damit verbundenen Preisniveau beworben werden, auch von Seiten der Gerichte ein erhöhter Qualitätsstandard im Bereich des Schallschutzes zugebilligt wird, und zwar selbst dann, wenn dieser nicht ausdrücklich vereinbart ist.

Demzufolge ist große Vorsicht bei der Bewerbung von Immobilienobjekten geboten. Weiterhin ist es Aufgabe der Planer und Bauträger darauf zu achten, welche bestmögliche Schalldämm-Maßnahme unter Berücksichtigung von Ausstattung und Herstellung erreichbar ist. Der „leichteste Weg“ könnte sich später zum „teuren Pflaster“ verwandeln.